Übersicht über die Hypophyse

VonJohn D. Carmichael, MD, Keck School of Medicine of the University of Southern California
Überprüft/überarbeitet Apr. 2023 | Geändert Apr. 2024
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Kurzinformationen

Die Hypophyse ist eine erbsengroße Drüse, die sich innerhalb einer knöchernen Struktur (Türkensattel) an der Schädelbasis befindet. Der Türkensattel schützt die Hypophyse, lässt ihr aber kaum Raum für Vergrößerung.

Die Hypophyse steuert die Funktion der meisten anderen endokrinen Drüsen und wird deshalb manchmal als Hauptdrüse bezeichnet. Umgekehrt wird die Hypophyse weitgehend vom Hypothalamus gesteuert, einem Bereich im Gehirn, der direkt oberhalb der Hypophyse liegt. Indem der Hypothalamus oder die Hypophyse die Spiegel der Hormone erkennt, die in den von der Hypophyse gesteuerten Drüsen (Zieldrüsen) produziert werden, kann bestimmt werden, wie stark die Zieldrüsen stimuliert werden müssen.

Die Hypophyse und ihre Zielorgane

Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) besteht aus zwei gut unterscheidbaren Teilen:

  • dem vorderen (anterioren) Lappen, der 80 Prozent des Gewichts der Hypophyse ausmacht

  • dem hinteren (posterioren) Lappen

Beide Lappen sind mit dem Hypothalamus durch ein Zwischenstück verbunden, das Blutgefäße und Fortsätze von Nervenzellen (Nervenfasern oder Axone) enthält. Der Hypothalamus steuert den Vorderlappen durch Freisetzung von Hormonen in die verbindenden Blutgefäße. Er kontrolliert den Hinterlappen über Nervenimpulse.

Die von der Hypophyse gebildeten Hormone werden nicht alle kontinuierlich hergestellt. Die meisten werden in Impulsen alle 1 bis 3 Stunden freigesetzt, mit wechselnden Phasen von Aktivität und Inaktivität. Einige der Hormone, wie z. B. das adrenokortikotrope Hormon (ACTH), Wachstumshormon und Prolaktin, folgen einem zirkadianen Rhythmus: Im Verlauf des Tages steigen und fallen die Blutspiegel vorhersagbar, dabei wird der Höchststand gewöhnlich kurz vor dem Erwachen und der Tiefststand kurz vor dem Schlafengehen erreicht. Die Spiegel anderer Hormone variieren abhängig von anderen Faktoren. So variieren bei Frauen die Spiegel des luteinisierenden und Follikel stimulierenden Hormons, die die Fortpflanzungsfunktionen steuern, während des Menstruationszyklus.

Hypophyse: Die Hauptdrüse

Die Hypophyse, eine erbsengroße Drüse an der Basis des Gehirns, bildet eine Reihe von Hormonen. Jedes dieser Hormone beeinflusst einen speziellen Teil des Körpers (ein Zielorgan oder -gewebe). Da die Hypophyse die Funktion der meisten anderen endokrinen Drüsen steuert, wird sie häufig als Hauptdrüse bezeichnet.

Hormon

Zielorgan oder -gewebe

Adrenokortikotropes Hormon (ACTH)

Nebennieren

Melanozyten-stimulierendes Hormon (MSH)

Haut

Endorphine

Gehirn und Immunsystem

Enkephaline

Gehirn

Follikelstimulierendes Hormon

Eierstöcke oder Hoden

Wachstumshormon

Muskeln und Knochen

Luteinisierendes Hormon

Eierstöcke oder Hoden

Oxytocin*

Gebärmutter und Brustdrüsen

Prolaktin

Brustdrüsen

Thyreoidea-stimulierendes Hormon

Schilddrüse

Vasopressin (antidiuretisches Hormon)*

Nieren

*Diese Hormone werden im Hypothalamus gebildet, aber in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gespeichert und ausgeschüttet.

Hormone des Vorderlappens

Der Hypophysenvorderlappen produziert und schüttet sechs Haupthormone aus (bzw. sondert sie ab):

  • Das adrenokortikotrope Hormon (ACTH), auch als Kortikotropin bezeichnet, das die Nebennieren zur Bildung von Kortison und anderen Hormonen anregt

  • Das follikelstimulierende Hormon und das luteinisierende Hormon (die Gonadotropine), die die Hoden zur Spermienbildung, die Eierstöcke zur Follikelbildung und die Fortpflanzungsorgane zur Produktion von Sexualhormonen (Testosteron und Östrogen) anregen

  • Das Wachstumshormon, welches das Wachstum und die körperliche Entwicklung reguliert und den Körperbau bestimmt, indem es Muskelbildung und Fettabbau steuert

  • Prolaktin, das die Brustdrüsen der Frau zur Milchbildung anregt

  • Das Thyreoidea-stimulierende Hormon, das die Schilddrüse zur Produktion von Schilddrüsenhormon anregt

Der Vorderlappen stellt ferner mehrere andere Hormone her, u. a. eines, das eine Dunkelfärbung der Haut verursacht (beta-Melanozyten-stimulierendes Hormon), und Hormone, die das Schmerzempfinden hemmen (Enkephaline und Endorphine) und die Kontrolle des Immunsystems unterstützen (Endorphine).

Hormone des Hinterlappens

Der Hypophysenhinterlappen stellt zwei Hormone her:

  • Vasopressin

  • Oxytocin

Vasopressin (auch als antidiuretisches Hormon bezeichnet) reguliert die Wassermenge, die die Nieren ausscheiden, und ist deshalb für den Wasserhaushalt im Körper wichtig.

Oxytocin regt die Gebärmutter in der Geburtsphase zu Kontraktionen an und verhindert starke Blutungen unmittelbar nach der Entbindung. Oxytocin steuert auch die Kontraktionen der Milchgänge in der Brust, wodurch Milch zur Brustwarze (Milcheinschuss) der stillenden Frau transportiert wird. Oxytocin übernimmt sowohl bei Männern als auch Frauen zusätzliche Aufgaben.

Fehlfunktion der Hypophyse

Die Hypophyse kann verschiedene Fehlfunktionen aufweisen, üblicherweise aufgrund der Entwicklung eines nicht kanzerösen Tumors (Adenom). Der Tumor kann ein oder mehr Hypophysenhormone überproduzieren, oder er kann auf die normalen Zellen der Hypophyse drücken und eine Unterproduktion von einem oder mehreren Hypophysenhormonen bewirken.

Der Tumor kann auch eine Vergrößerung der Hypophyse verursachen, mit oder ohne Störung der Hormonproduktion. Manchmal kommt es durch einen Tumor der Hypophyse wegen des Drucks gleichzeitig zur Überproduktion eines Hormons und zur Unterproduktion eines anderen Hormons.

Manchmal kann sich überschüssige Gehirnflüssigkeit im Bereich um die Hypophyse ansammeln und diese zusammendrücken (was zum sogenannten „Empty-Sella-Syndrom“ führt). Der Druck auf die Hypophyse kann bei ihr zu einer Über- oder Unterproduktion von Hormonen führen.

Eine zu geringe oder zu große Menge eines Hormons der Hypophyse führt zu einer großen Symptombreite.

Eine Überproduktion von Hypophysenhormonen verursacht unter anderem folgende Störungen:

Eine Unterproduktion von Hormonen in der Hypophyse verursacht unter anderem folgende Störungen:

Ärzte können eine Fehlfunktion der Hypophyse mit mehreren Tests diagnostizieren. Bildgebende Verfahren, am häufigsten Magnetresonanztomografie (MRT), können zeigen, ob sich die Hypophyse vergrößert hat (zum Beispiel, ob ein Hypophysentumor vorliegt) oder geschrumpft ist (zum Beispiel bei Hypopituitarismus). Mit diesen Tests kann man normalerweise bestimmen, ob in der Drüse ein Tumor vorliegt.

Ärzte können den Spiegel der Hormone der Hypophyse messen, üblicherweise durch einen einfachen Bluttest. Ärzte wählen abhängig von den Symptomen der Person aus, welche Hormonspiegel der Hypophyse sie messen möchten. Manchmal sind die Spiegel der Hormone der Hypophyse nicht leicht zu interpretieren, da die Spiegel im Tagesverlauf und entsprechend den Bedürfnissen des Körpers stark variieren. Für diese Hormone liefert die Messung einer zufälligen Blutprobe keine nützlichen Informationen.

Für einige dieser Hormone verabreichen Ärzte eine Substanz, die normalerweise die Hormonproduktion beeinflussen würde, und messen danach den Spiegel des Hormons. Beispielsweise steigen die Blutspiegel von ACTH, des Wachstumshormons und von Prolaktin an, wenn vom Arzt Insulin gespritzt wird. Anstelle einer direkten Messung der Wachstumshormonspiegel messen Ärzte häufig ein anderes Hormon, den Insulin-Like-Growth-Factor 1 (IGF-1). Das Wachstumshormon wird in Impulsen produziert und sein Spiegel fällt rasch ab, der IGF-1-Spiegel gibt jedoch die gesamte Tagesproduktion des Wachstumshormons wieder. Aus all diesen Gründen ist die Interpretation der Ergebnisse von Blutuntersuchungen für Hormone der Hypophyse komplex.

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